Tohuwabohu

Die Nachwirkungen des Manipulationsskandals hinterließen auch nach der x-ten Revision ihre Spuren. Dieses Wirrwarr schien sich nachhaltig auf die Spielfelder zu übertragen, wo es teilweise drunter und drüber ging.

Schon vor der Eröffnung des neunten Spieltages gab es im Klassement ordentlich Bewegung. Schuld daran war eine weitere Revisionsverhandlung im Manipulationsskandal (Calciopoli), die zu folgenden Ergebnissen führte: Die ursprüngliche Strafe für Lazio Rom wurde von elf auf drei Minuspunkte reduziert, Florenz musste sich mit einem Erlass von vier Zählern begnügen (-19 auf -15) und in der Serie B durfte sich Juventus Turin ebenfalls über eine Reduktion um acht Punkte freuen. Dagegen blieb es für den AC Mailand (-8) und Reggina Calcio (-15) bei den bereits bestehenden Belastungen. Unabhängig davon bekam der AC Siena einen Punktabzug wegen verspäteter Steuerzahlungen aufgebrummt.

Das Geschehen auf dem grünen Rasen war damit vorerst in den Hintergrund gedrängt – allerdings nur bis zum Anpfiff des Mailänder Derbys. In einem ereignisreichen und dramatischen Duell siegte Inter Mailand schließlich knapp mit 4:3. Dabei sahen die Nerazzurri kurz nach dem Wechsel bereits wie der sichere Sieger aus, als Ibrahimovic die Führung der nominellen Hausherren auf 3:0 ausbaute (47.). Nur drei Minuten später sorgte Seedorf mit dem Anschlusstreffer für neue Hoffnung beim AC Mailand, der fortan das Tor von Julio Cesar vehement bedrängte. Doch der nächste Einschlag folgte erneut auf der Gegenseite. Der bereits verwarnte Materazzi köpfte einen Freistoß von Figo am zweiten Pfosten unbedrängt ein, zog im Rausch der Gefühle sein Trikot aus und musste nur Sekunden später mit Gelb-Rot das Feld vorzeitig verlassen (69.). Die Rossoneri steckten trotz des erneuten Rückschlags zu keinem Zeitpunkt auf und kamen durch Gilardino (76.) sowie Kaka (91.) bis auf einen Treffer heran. Doch alles Anrennen in der fünfminütigen Nachspielzeit führte nicht mehr zum Remis. Inter bleibt durch den Sieg weiterhin Tabellenführer, während Milan mit 14 Punkten Rückstand zum Stadtrivalen seine Träume vom Scudetto möglicherweise schon früh zu den Akten legen konnte.

Ähnlich dramatisch wie die Schlussphase im San Siro verliefen auch die letzten Minuten im Stadio Artemio Franchi. Dort sah es zwischen dem gastgebenden Vorletzten AC Florenz und dem Tabellenzweiten US Palermo lange Zeit nach einer Punkteteilung aus, ehe ein Doppelpack von Amauri (80., 91.) das Pendel spät in Richtung der Sizilianer ausschlagen ließ. Mutu gelang zwar noch der zwischenzeitliche Ausgleich für die Fiorentina, doch zum fünften Sieg in Folge sollte es nicht mehr reichen. Stattdessen durften sich die Rosanero über den vierten Auswärtssieg der laufenden Spielzeit freuen.

Im Kampf um den dritten Platz setzte sich AS Rom mit 1:0 bei Udinese Calcio durch. Die Hauptstädter entschieden das Duell der unmittelbaren Tabellennachbarn mit dem Tor des Tages von Matteo Ferrari (66.), der im Anschluss an einen Totti-Freistoß geistesgegenwärtig zur Stelle war. Für das Team aus dem Friaul war das erste Gegentor vor heimischer Kulisse gleichbedeutend mit der ersten Heimniederlage der laufenden Saison. Zwischen die beiden Streithähne um das internationale Geschäft schob sich der AC Siena. Die Mannschaft aus der Toskana musste beim sieglosen Aufsteiger Ascoli Calcio antreten und behielt dort dank einer 25-Meter-Granate von Codrea kurz vor dem Ende mit 1:0 die Oberhand (86.). Der Aufsteiger hätte sich in einer hart geführten Partie mindestens ein Unentschieden verdient gehabt.

Auf den ersten Dreier der aktuellen Spielzeit musste auch Chievo Verona weiterhin warten. Die Flying Donkeys warteten nach dem unglücklichen 1:2 bei Messina Calcio und der Rückkehr von Coach Luigi Del Neri nach wie vor sehnsüchtig auf eine Trendwende. Tiribocchi nährte die Hoffnung darauf mit dem Führungstor der Gäste im Stadio San Filippo (33.). Doch die Sizilianer, die seit über einem Monat nicht mehr gewonnen hatten, schafften in den letzten Momenten der ersten Halbzeit den Ausgleich (Rigano), um in der 94. Minute durch Floccari einen höchst schmeichelhaften Erfolg einzufahren.

Von Entspannung im Abstiegskampf konnte bei Cagliari Calcio keine Rede sein, aber immerhin verbuchten die Sarden nach sechs Remis ihren ersten Saisonsieg. Das Opfer hieß Sampdoria Genua, bei denen bislang die Unkonstanz dominiert. Guten Leistungen folgen oft niederschmetternde Resultate. So auch im Stadio Sant´Elia, wo Conti mit dem Pausenpfiff der entscheidende Treffer gelang. Etwas Luft nach unten verschaffte sich auch der FC Parma nach dem 3:1 gegen Atalanta Bergamo. Budan besorgte den Schinkenstädtern schon nach 40 Sekunden einen Traumstart. Der Neuling zeigte sich davon jedoch nur wenig beeindruckt, hatte er doch mit einigen Aufholjagden bereits für Furore gesorgt. Doch zu mehr als dem vorübergehenden Ausgleich von Doni sollte es nicht reichen (58.). Grella (70./Elfmeter) und Muslimovic (87.) stellten in einer spannenden Endphase den Sieg der Gialloblu sicher.

In der Serie B schloss Juventus Turin nach dem positiven Urteil im Calciopoli durch ein 1:0 über Frosinone Calcio zur Spitzengruppe auf. Mit seinem 200. Tor für die Bianconeri sicherte Del Piero den knappen Sieg (73.). Die Alte Dame hätte den Erfolg noch deutlich höher gestalten können und musste sich am Ende bei Torhüter Buffon bedanken, der in den letzten Sekunden einen gefährlichen Schuss von Castillo gekonnt entschärfte.
Kai Endres